Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Erklärung nach Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes (RuStAÄndG 1974)
13-08-2009 [ Vorschriften des Landes Brandenburg ]
Vom 28. August 1995
Vom 20. Dezember 1974
hier: Einräumung einer Nachfrist gem. Art. 3 Abs. 7 RuStAÄndG 1974
Vom 30. Oktober 1992, Ziffer 6.3
In letzter Zeit wurden hier von Staatsangehörigkeitsbehörden einige Vorgänge von Personen vorgelegt, die als ehelich zwischen dem 1.4.1953 und 31.12.1974 Geborene einer deutschen Mutter die Ausstellung einer Urkunde über den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Erklärung nach Art. 3 RuStAÄndG 1974 begehrten. Da dieses Erklärungsrecht nach Art. 3 Abs. 6 RuStAÄndG 1974 grundsätzlich nur drei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes (bis zum 31.12.1977) bestand, war in jedem hier vorgelegten Fall zu prüfen, inwieweit noch eine in Art. 3 Abs. 7 RuStAÄndG 1974 geregelte Nachfrist für die Abgabe der Erklärung eingeräumt werden konnte. Diese Prüfung wurde entweder gar nicht oder nur unzureichend durchgeführt. Daher darf ich im Nachgang zum o.a. Bezugsrundschreiben hiermit noch einige weitergehende Ausführungen machen, die ich bei zukünftigen, mir vorzulegenden Vorgängen zu berücksichtigen bitte.
Art. 3 Abs. 7 RuStAÄndG 1974 lautet:
„(7) Wer ohne sein Verschulden außerstande war, die Erklärungsfrist einzuhalten, kann die Erklärung noch bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Fortfall des Hindernisses abgeben. Als unverschuldetes Hindernis gilt auch der Umstand, dass der Erklärungsberechtigte durch Maßnahmen des Aufenthaltsstaates gehindert ist, seinen Aufenthalt in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zu verlegen.“
Satz 2 dieses Absatzes 7 enthält gesetzestechnisch einen Beispielsfall eines unverschuldeten Erklärungshindernisses, d.h. einen gesetzlich geregelten Fall, in dem grundsätzlich das fehlende Verschulden an der nicht rechtzeitig abgegebenen Erklärung (nach Art. 3 Abs. 1 RuStAÄndG 1974) unterstellt wird. Hintergrund dieser Regelung war, dass früher - d.h. vor Herstellung der Freizügigkeit - in den „Ostblockstaaten“ für eventuelle Auftragsberechtigte die Kontaktaufnahme mit deutschen Stellen bzw. die Ausreise aus dem Aufenthaltsstaat unmöglich war. Demzufolge konnte die o.a. Erklärung nicht rechtzeitig innerhalb der Frist des Art. 3 Abs. 6 RuStAÄndG 1974 abgegeben werden. Diese Regelung ist aber mit Herstellung der Freizügigkeit in den ehemaligen „Ostblockstaaten“ obsolet geworden!
Die Freizügigkeit konnte in diesen Staaten aber nur zu unterschiedlichen Zeiten als hergestellt betrachtet werden. Somit war die Ausübung des Erklärungsrechts nach Art 3 Abs. 7 Satz 2 RuStAÄndG 1974 im Rahmen der hier gesetzlich geregelten Nachfrist von 6 Monaten nur rechtzeitig, wenn die Antragsteller die Erklärung
abgaben.
Eine Abgabe der Erklärung jeweils nach diesen Terminen war dann nicht mehr im Sinne der gesetzlichen Fiktion des Art. 3 Abs. 7 Satz 2 RuStAÄndG 1974 unverschuldet. Bei diesen verspätet eingegangenen Erklärungen können diese nur noch als unverschuldet verspätet i.S.d. Satzes 1 des Absatzes 7 gewichtet werden, wenn dies im Einzelfall nachgewiesen wird. Die Beweislast für die unverschuldete Fristversäumnis trägt hier der/die Antragsteller(in)/Erklärende.
Ein unverschuldetes Fristversäumnis nach Abs. 7 Satz 1 ist gegeben, „wenn der Antragsteller auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht im Stande war, sie (die Frist) einzuhalten“ (Makarov/Mangoldt, RN 45 zu Art. 3 RuAStAÄndG 1974 i.V.m. RN 3 zu § 19 StARegG, Heilbronner/Renner RN 3 zu § 19 StARegG).
Grundsätzlich nicht unverschuldet ist ein Fristversäumnis, bei dem sich der Antragsteller auf die Unkenntnis über das Erklärungsrecht (d.h. über die gesetzliche Regelung des Art. 3 RuStAÄndG 1974) beruft. Ich darf insoweit auf die Ausführungen unter Ziffer 6.3. des o.a. Bezugsrundschreibens verweisen.
Der Nachweis bzw. die Glaubhaftmachung eines unverschuldeten Versäumnisses der Erklärung i.S.d. Absatzes 7 Satz 1 durch den Antragsteller unterliegt immer einer Einzelfallprüfung durch die Staatsangehörigkeitsbehörde. Daher können von hier keine auf alle Vorgänge des Erklärungserwerbs nach Art. 3 RuStAÄndG 1974 anzuwendenden Richtlinien erstellt werden. Es können nur beispielhaft Fälle aufgelistet werden (s. unten), in denen eine Annahme eines unverschuldeten Versäumnisses des Einhaltens der Nachfrist durch die Staatsangehörigkeitsbehörde in Betracht kommt:
Dieses Beispiel a) ist u.a. denkbar, wenn die Mutter im Wege des Vertriebenenverfahrens in Deutschland Aufnahme gefunden hat, dann - eventuell nach Beratung durch die Vertriebenenbehörde - einen Antrag auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises stellt und erst letztendlich mit dessen Aushändigung von ihrer (schon immer) bestehenden deutschen Staatsangehörigkeit erfährt. Zusätzliche Indizien dafür, dass die Mutter zuvor nichts von ihrer bestehenden deutschen Staatsangehörigkeit wusste (was der/die Erklärende sich ggf. anrechnen lassen müsste) können u.a. sein:
Mutter stellt einen Antrag bei der StA-Behörde nach § 6 StARegG, geht somit davon aus, nicht die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen, die Staatsangehörigkeitsbehörde deutet diesen Antrag erst auf einen „Feststellungsantrag“ um; im Vertriebenenverfahren war im Registrierschein nicht „Staatsangehörigkeit deutsch“ angegeben.
Dieser Fall wäre anders als der Fall a) zu beurteilen. Hier spräche einiges dafür, dass die Mutter - und somit auch der/die Erklärende - von dem Bestand der deutschen Staatsangehörigkeit der Mutter ausging bzw. ausgehen musste. Die Vermutung, der/die Erklärende konnte nichts von der deutschen Staatsangehörigkeit der Mutter gewusst haben, käme hier nicht in Betracht. Ein Versäumnis der Erklärungsfrist wäre dann nicht unverschuldet.
In den o.a. Fällen a), c), d) wäre somit das Versäumnis der in Art. 3 Abs. 6 geregelten Nachfrist von drei Jahren unverschuldet im Sinne des Art. 3 Abs. 7 Satz 1 RuStAÄndG 1974. Für die Feststellung, dass die Nachfirst verschuldet versäumt wurde, ist (s.o.) in jedem Einzelfall nach den individuellen Lebensumständen, Nachforschungsmöglichkeiten und Erkenntnissen der Erklärungsberechtigten zu beurteilen, ob die Nichtkenntnis der Erklärungsmöglichkeit vorwerfbar, d.h. verschuldet war.
Sofern zu den hier gemachten Ausführungen bzw. in Einzelfällen Unklarheiten bestehen, stehe ich jederzeit für Auskünfte zur Verfügung.
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